Am 15. November 2018 wurde bei einer feierlichen Zeremonie in Tukums das Denkmal zu Ehren des ersten lettischen Außenministers – Zigfrīds Anna Meierovics – eröffnet. Das Denkmal befindet sich auf dem Z. A. Meierovics-Platz, der an der Kreuzung der Straßen Jaunā iela und Lielā iela errichtet wurde.
An der feierlichen Eröffnungszeremonie nahmen nebst den Einwohnern von Tukums auch Ingrīda Meierovica – die Witwe des jüngsten Sohnes von Z. A. Meierovics, Georgs Andrejevs – der Ehrenbürger des Bezirks Tukums, die Dichterin Māra Zālīte, der Vorsitzende des Bezirksrats Tukums Ēriks Lukmans, der gegenwärtige Außenminister der Republik Lettland Edgars Rinkēvičs sowie Botschafterinnen und Botschafter, Diplomatinnen und Diplomaten verschiedener Länder teil.
Die Autoren des Denkmals sind die Steinhauerin Zane Kalniņa und der Steinhauer Matīss Kalniņš, die Architektin des Platzes – Liene Līce.
Geschichte des Standorts
Z.A. Meierovics-Platz wurde in der Nähe der Straße Lielā 2018 gegründet, als der 100. Jahrestag von Lettland gefeiert wurde. Davor gab es an diesem Ort einen Square (1947–2018) und noch früher – eine dichte Bebauung aus dem 17. Jahrhundert. Der Platz befindet sich an der Ecke der Straßen Lielā iela und Jaunā iela. Lielā iela – wörtlich die Große Straße – hieß im 18. Jahrhundert Kirchenweg. Später wurde der Name mehrmals geändert: Lielā iela – Große Straße (1802–1935), Z. Meierovica iela – Z. Meierovics-Straße (1935–1940), 1905. gada iela – Straße des 1905. Jahres (1940–1941), H. Gēringa iela – H. Göring-Straße (1941–1945), 1905. gada iela – Straße des 1905. Jahres (1945–1991), Lielā iela – Große Straße (1991).
Über die ersten Eigentümer des Grundstücks liegen derzeit keine Informationen vor. 1860 standen hier das Wohnhaus des Drechslers Markus Huber, zwei kleinere Gebäude und ein Vordach sowie mehrere Wirtschaftsgebäude. Hubers Immobilie war eine der größten in der Großen Straße, und deren Wert wurde auf 7.349 Silberrubel geschätzt.
1881 gehörte die Immobilie Gustav Jakobson, der das Vorderhaus umbaute und die Räumlichkeiten für Verkaufszwecke anpasste. Er besaß verschiedene Ladengeschäfte, eine Bäckerei sowie einen Friseursalon. 1886 baute er vier Wirtschaftsgebäude entlang der Grundstücksgrenze hinzu. Im Garten, der ca. eine halbe Lofstelle groß war, wuchsen 18 Obstbäume. Ende des 19. Jahrhunderts wurde ein Teil von Jakobsons Land enteignet, um die Neue Straße zu bauen und den Zugang zur römisch-katholischen Stefan-Kirche zu ermöglichen (1896).
Ergebnisse der archäologischen Erforschung
Die archäologischen Erforschungsarbeiten wurden im Mai und Juni 2018 vom Forscher des Lettischen Instituts für Geschichte der Universität Lettlands, Dr. hist. Rūdolfs Brūzis geleitet, dabei wurden Kellergeschosse und Fundamente von mindestens 400 Jahre alten Wohnhäusern, Fundamente eines dazugehörigen Brotbackofens und eines Stalls sowie historisches Pflaster im Innenhof entdeckt.
Die Archäologinnen und Archäologen entdeckten insgesamt fünf Keller von Gebäuden. Der älteste davon stammt aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, darauf deutet der geschmiedete und in die Fundamente eingemauerte Schilling des schwedischen Königs hin. Das Ausmaß des Reichtums der Tukumschen Bevölkerung belegen die Tafelgegenstände aus der Frühen Neuzeit bzw. aus dem 17. Jahrhundert: Gabelgriff mit einer Spitze aus Knochen und der Luxus-Standard – Austernschalen.
Ein kleinerer, aber tieferer Keller war unter einem Gebäude aus dem 18. Jahrhundert erbaut. Am Rande der Großen Straße, auf der Erdgeschossebene des Gebäudes befand sich ein Brotbackofen, der auf einem Fundament, das aus großen Granitsteinstapeln bestand, gebaut war und der am Ende des 19. Jahrhunderts von der Bäckerei von M. Jankovskis genutzt wurde.
Die während der Erkundung der Kellergeschosse von Mg. geol. Aija Ceriņa gemachten Saatgutanalysen zeigen, dass die Bewohner dieses Grundstücks ziemlich wohlhabend waren. Verzehrt wurden Rosinen und Mohn sowie Feigen. Im Keller wurden auch Marmeladen aus heimischen Walderdbeeren und Himbeeren gelagert.
Wie die von Archäologinnen und Archäologen gefundenen hohlen und prächtig dekorierten Kacheln belegen, wurden die Gebäude mit Kachelöfen beheizt. Als Leuchtmittel für die Räumlichkeiten dienten Spanhalter und Kerzenständer, auch eine Petroleumlampe, die aus einer Geschosshülse aus dem Zweiten Weltkrieg gemacht war. Zu Funden gehören viele Fragmente von Tassen, Untertassen, Tellern, Weinkelchen und Bierseideln, Vasen, Schalen, Suppenterrinen und Dreifüßen, Glas- und Porzellandosen und -flaschen, die für die Aufbewahrung von Arzneimitteln in der Apotheke vorgesehen waren. Ergänzt wird das alles durch Fragmente der im 18. und 19. Jahrhundert in den Niederlanden aus weißem Ton und Porzellan gefertigten Pfeifen, einen Tabakmesser, auch eine Zahnbürste aus dem 19. Jahrhundert mit Knochengriff und Wildschweinborsten im Bürstenteil.
Das Warenangebot im Kolonialwarenladen von Jēkabis Kurmis wird durch die kohlensäurehaltige Fruchtgetränkeflasche „Bilz“ repräsentiert; die Produktion dieses Getränks wurde 1904 in Deutschland begonnen, und bereits ein Jahr später wurde dieses auch in Tukums verkauft. Gefunden wurde auch eine Flasche des Balsams „Hienfong“, der über medizinische Eigenschaften verfügen soll und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sehr beliebt war. Das Sortiment an Uhrmacherwaren wird durch die um die Jahrhundertwende in der deutschen Fabrik „MӦBIUS & SOHN HANNOVER“ gefertigten Uhrenölflaschen sowie ein dekoratives Uhrenelement – eine Engelsfigur – vertreten.
Zigfrīds Anna Meierovics und Lettland
Einer der Gründer des lettischen Staats, Diplomat, der erste Außenminister der Republik Lettland, mehrfacher Ministerpräsident Zigfrīds Anna Meierovics hatte ein kurzes, aber ungewöhnlich ereignisreiches Leben. Zu seinen Lebzeiten war seine Persönlichkeit und sein Leben legendenumwoben, aber während der sowjetischen Besatzung wurde darüber voll und ganz geschwiegen. Mehrere Generationen in Lettland wissen immer noch zu wenig über diese für Lettland so gewichtige Persönlichkeit.
Die Wiederherstellung der Kontinuität unseres lettischen Staates wäre ohne die enorme, selbstlose Leistung von Z. A. Meierovics, die er unter den schwierigsten Bedingungen für die Anerkennung der Staatlichkeit von Lettland erbrachte, nicht denkbar.
Im von Widersprüchen zerrissenen Europa, als nach dem Ersten Weltkrieg die Reiche zusammenbrachen, gelang es Meierovics das, woran nur einige wenige glaubten, und zwar, dass am 11. November 1918 Lettland als Staat de facto anerkannt wurde. Aufgrund dieses außenpolitischen Erfolgs wurde die Ausrufung der Republik Lettland am 18. November 1918 möglich. Das heißt – es wurde sofort, in einer Woche wahr gemacht. Die Festigung der Unabhängigkeit de jure konnte jedoch erst im Januar 1921 erfolgen. Wesentlich dafür waren gerade die Handlungen und die persönlichen Qualitäten von Zigfrīds Anna Meierovics. Seine europäische Bildung, seine Sprachkenntnisse, sein Idealismus und seine tiefe moralische Überzeugung, dass sich Lettland dessen Souveränität würdig und existenzberechtigt ist, erstaunten die Welt zunächst, überzeugten diese aber letztendlich.
Z. A. Meierovics Persönlichkeit, seine Bemühungen und sein Beitrag zu Gunsten Lettlands zeigen Werte, ohne die weder ein Volk noch ein Staat existieren können – Selbstbewusstsein, Vertrauen in die Ideale des Staates und selbstlose Arbeit, um diese auch im wirklichen Leben zu verkörpern.
Zigfrīds Anna Meierovics und Tukums
Am 5. Februar 1887 (nach dem neuen Stil) wurde in Durbe [dt.: Durben], in der Gegend von Liepāja [dt.: Libau], in der Familie von Hermans und Anna Meierovics der Sohn Zigfrīds geboren. Leider währte das Familienglück nicht lange, denn bereits am 16. Februar, im Alter von 26 Jahren, starb Zigfrīds Mutter Anna Meierovica an postnatalen Komplikationen. Nach jüdischer Tradition erhielt Zigfrīds auch den Namen der verstorbenen Mutter.
Zigfrīds Kindheit verlief in Pūrē [dt.: Puhren] und Kabile [dt.: Kabillen]. Dort erhielt er seine erste Bildung und Erziehung. Dort, in der Familie eines lettischen Volkslehrers, entwickelte sich seine Persönlichkeit. Seit 1900 besuchte er die Stadtschule Tukums (heute E. Birznieks-Upītis 1. Grundschule Tukums) und lernte dort bis 1905.
In Tukums fand Zigfrīds seine Unterkunft in der Familienpension des Lehrers F. Jansons, in der Bildungseinrichtung sah er sich aber mit einer aktiven Russifizierungspolitik konfrontiert – der Unterricht fand auf Russisch statt und die neu zugelassenen Zöglinge wurden orthodox konformiert. Die Schulkameraden erinnern sich an Meierovics als einen energischen, schlagfertigen und immer angenehmen Gesprächspartner, der die Schwierigkeiten seines Lebens nie nach außen zeigte.
Trotz der Russifizierungspolitik pflegte Meierovics zusammen mit anderen Schülern die lettische Kultur, machte bei der Gründung eines Chors mit, führte kleine Stücke auf, las Vorträge über Themen, die in der Schule nicht diskutiert wurden, und erstellte die handschriftliche Schülerzeitschrift „Pirmie Stari“ [dt.: Erste Strahlen].
Später verbrachte er mit seiner Familie die Sommer im Haus seines Cousins in Brizule [dt.: Bresilgen]. Auch nach der Ehescheidung verbrachten seine geschiedene Frau und seine Kinder weiterhin Sommer in „Druķi“ in Brizule, und Meierovics war ein häufiger Gast in der Gegend von Tukums. Z. A. Meierovics verunglückte tödlich auf seiner letzten Reise zum Landhaus „Druķi“ in Brizule.
Zigfrīds Anna Meierovics: Außenminister und Ministerpräsident
Zigfrīds Anna Meierovics war der erste Außenminister der ersten Republik Lettland für zwei Perioden: vom 19. November 1918 bis zum 26. Januar 1924 und vom 19. Dezember 1924 bis zum 22. Juni 1925.
1920 wurde Zigfrīds Anna Meierovics auch Abgeordneter der Verfassungsversammlung. Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei F. Cielēns beschrieb Meirovicusam Tag der Eröffnung der Verfassungsversammlung am 1. Mai wie folgt: „Elegant gekleidet, der letzte Knopf seiner Weste offen, eine weiße Blume an der Klappe seines Sakkos; quasi schwebend, aber im sicheren Gleichgewicht ging er in den Couloirsaal. Stolz richtete er seinen schlanken Körper auf, gab die Hand an alle Parteien, und sein breites, freundliches Lächeln drückte Zufriedenheit mit dem Erreichten und den optimistischen Glauben an Lettlands zukünftigen Erfolg aus.“
Im Jahr 1921 (19. Juni 1921 – 26. Januar 1923 und 26. Juni 1923 – 26. Januar 1924) wurde Zigfrīds Anna Meierovics auch Ministerpräsident der Republik Lettland. Diese Aufgabe könnte weitgehend auf den Erfolg von Meierovics und der lettischen Delegation im Jahr 1921 zurückzuführen sein: Am 26. Januar wurde erreicht, dass Lettland de iure anerkannt wird, und am 22. September wurde Lettland in den Völkerbund aufgenommen. Zwei eindrucksvolle Ziele, die bei der Gründung des Außenministeriums festgelegt wurden, waren somit erreicht.
Zu den Errungenschaften von Zigfrīds Anna Meierovics bei der Entwicklung des lettischen diplomatischen Apparats gehörten nicht nur die Einrichtung des ersten Außenministeriums, sondern auch die Ausbildung der lettischen Gesandten, die unermüdliche Beteuerung der Interessen Lettlands und deren Verteidigung im Ausland.
Die Bedeutung von Zigfrīds Anna Meierovics Persönlichkeit und Professionalität wurde auch dadurch sichtbar, dass die Außenpolitik der Republik Lettland nach seinem Tod im Jahr 1925 sichtlich in ihrer Aktivität nachließ.
Der Stil und die Persönlichkeit des ersten lettischen Außenministers spiegeln sich perfekt in den Erinnerungen seines Zeitgenossen K. Zariņš wider: „‘Wir verstehen uns durch die Arbeit‘ – dieser Spruch stand geschrieben in einer silbernen, an Z. Meierovics geschenkten Papirossenschachtel, und diesen Spruch haben sich sogar einige seiner ausländischen Freunde und Diplomaten gemerkt, denn Meierovics Ideal waren das Verständnis und der Zusammenhalt mit jedem einzelnen ihm nahen Menschen.“