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Tukums Smukums

14/07/2020

Archäologische Funde an der Kirche von Tukums bestätigen die Zugehörigkeit des Bezirks zum kurländischen Kulturraum

Anfang Juli 2020 wird die archäologische Erforschung des Geländes vor der evangelisch-lutherischen Trinitatiskirche von Tukums unter der Leitung von Dr. hist. Rūdolfs Brūzis fortgesetzt. Die angewandte archäologische Methodik und das theoretische Wissen haben es Archäologen ermöglicht, viel bisher Unbekanntes zu entdecken, und tragen wesentlich zur vollständigeren Deutung der Geschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit des Bezirks Tukums bei. Die Gesamtzahl der Objekte ist unvergleichlich größer als bei den unter der Leitung von Mārtiņš Rusis gemachten Ausgrabungen im Jahr 2003 und übertreffen sogar die Funde aus den im letzten Jahr eingeleiteten archäologischen Aufsichtsarbeiten, die von September bis Ende Oktober dauerten.

Ende letzten Monats wurde die archäologische Expedition durch Studierenden der Fakultät für Geschichte und Philosophie der Universität Lettlands verstärkt. Für sie ist dies die erste archäologische Erfahrung, die eine praktische Gelegenheit bietet, alle Zyklen der archäologischen Erforschung kennenzulernen. Die Gruppe der Studierenden führt die Erforschung unter der Leitung des Archäologen Dr. hist. Rūdolfs Brūzis noch bis Mitte Juli 2020 durch. Parallel zur archäologischen Erforschung wird Videomaterial erstellt, das als pädagogisches und informatives Material für Schülerinnen und Schüler sowie deren Lehrerinnen und Lehrer zur Verwendung im Geschichtsunterricht geeignet ist.

Zu den ungewöhnlichsten Entdeckungen der letzten Erkundungstage zählen zwei Anhänger, die aus Bärenkrallen gemacht und im 15. bis 16. Jahrhundert von kurischen Frauen als typischer Schmuck getragen wurde. Dies bestätigt einmal mehr, dass die Siedlung neben der Kirche von Tukums zum kulturhistorischen Raum Kurland gehört. Archäologisches Material anderswo in Kurland zeigt, dass Bärenanhänger als Schmuck von kurischen Bräuten und Frauen getragen wurden. Schmuck dieser Art wurde auch auf den Friedhöfen in Užava [dt.: Hasau], Jūrkalne [dt.: Felixberg], Drēbnieki [dt.: Drebbenick]; Darvdedži, Engure [dt.: Angern] und anderen Friedhöfen sowie in Semgallen, und zwar, auf dem mittelalterlichen Friedhof in Dobele [dt.: Dobeln] gefunden.

Es sei darauf hingewiesen, dass in zwei Beisetzungsorten, die für junge Frauen im Alter von 17 bis 25 Jahren gedacht waren, Kronen aus teurem und selten verwendetem Silberbrokat gefunden wurden. Bei einer Krone wurden eingeflochtene Goldfäden festgestellt.

Es wurde bereits zuvor darauf hingewiesen, dass in den ersten Tagen der Erforschung mehrere interessante archäologische Antiquitäten aus der Bodenschicht rund um die Sakristei der Kirche herausgehoben wurden. Weitere Ausgrabungen in den unteren Erdschichten deckten mehrere intakte Bestattungen und für diese charakteristische Bestattungsobjekte auf. Derzeit übersteigt die Gesamtzahl der Objekte mehr als hundert Einheiten, darunter sind: Münzen, Fibeln oder deren Fragmente, Messerklingen, Gürtelteile usw. In der auf Ausgrabungen folgenden sogenannten Kabinettphase werden die Antiquitäten gereinigt, katalogisiert und systematisch untersucht.

Die archäologische Erforschung vor der Trinitatiskirche von Tukums ergänzt die Informationen über die Baugeschichte dieses Gotteshauses. Auf der Nordseite wurde zwischen den einzelnen Strebewerken und um die Sakristei herum in einer Tiefe von 30–40 cm ein Kopfsteinpflasterrand mit einer aus Ziegeln und Bodenfliesen gemachten Abgrenzung entdeckt; diese wurde während der Sanierungsarbeiten eingerichtet, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Kirche durchgeführt wurden.

In den Ausgrabungen vor der Kirche von Tukums wurden in der letzten Woche eine silberne Verlobungs-Fibel mit vergoldeten Elementen sowie zwei Hufeisenfibeln mit Tierköpfen an ihren Enden gefunden. Darüber hinaus wurden von Archäologen eine Kreisfibel aus Bronze mit einer eingeprägten Inschrift in Fraktur sowie zwei Kreisfibeln mit sieben im Kreis geschmiedeten kleinen Sonnen, was eine Darstellung des 1661 beobachteten Halo in Schmuckgegenständen sein könnte, gefunden. Unter den Funden gibt es auch Objekte wie Anhänger in Taubenform oder aus Münzen gemachter Schmuck.

Nachdem mehrere Knochenkammern und Bestattungsorte auf der Nordseite der Kirche erkundet wurden, schloss sich am Wochenende den Archäologinnen und Archäologen Dr. hist Gunita Zariņa an, die das anthropologische Material der Begräbnisstätte erforschte. Bekanntlich befand sich der Friedhof auf dem Gelände der St. Trinitatiskirche bereits in der Zeit, als dort die sogenannte Markuskapelle der Ordensburg Tuckum stand. Die ersten Bestattungen auf dem Friedhof stammen aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, dieser wurde bis zum letzten Drittel des 18. Jahrhunderts genutzt und nahm einen Teil der heutigen Straße Lielā iela und des Platzes Brīvības laukums [dt.: Platz der Freiheit] ein.

Die archäologischen Ausgrabungen erstrecken sich über eine Fläche von 80 Quadratmetern vor dem Nord- und Ostteil der Kirche. Förderung durch den Staatlichen Kulturkapitalfonds für das Projekt – 4.000 EUR, Förderung durch den Bezirksrat Tukums – 4.000 EUR, Förderung durch die Evangelisch-Lutherische Kirche Tukums – 1.069 EUR.

Nach der archäologischen Erforschung werden Mitte August die Bauarbeiten der zweiten Runde des Bauvorhabens zur Abdichtung gegen Wasser und zum Ausbau der Regenwasserableitung für die Kirche fortgesetzt.

Informationen erstellt von Mārcis Zeiferts, dem Leiter des Wiederherstellungsfonds der evangelisch-lutherischen Kirche Tukums